Reform der Strafprozessordnung: Die Rechte der Opfer und der Verteidigung stärken!

Am Donnerstag den 9. Februar 2017 hat die Abgeordnetenkammer, neben der Diskussion über den « Platzverweis » und der Verabschiedung der Reform des Nationalitätsgesetzes, ein weiteres Gesetz gestimmt, mit dem die Rechte sowohl der Opfer als auch der Verdächtigten bzw. Angeklagten im Strafprozess gestärkt werden.

Vier Fragen an den Berichterstatter Alex Bodry.

 

Bodry Alex

 

  • Worum geht es bei der Reform der Strafprozessordnung?

 A.B.: Der Code d’instruction criminelle, der in Zukunft Code de procédure pénale heißen wird, wird durch einige Neuerungen dazu führen, dass der Strafprozess selbst, aber besonders auch die vorherige Untersuchung, durch neue prozedurale Garantien transparenter, fairer und verständlicher wird.

  • Was ändert sich für die Verdächtigten und Angeklagten in einem Strafverfahren?

A.B.: Ein Verdächtigter wird in Zukunft schon zu Beginn der strafrechtlichen Ermittlungen, d.h. vor seiner ersten Befragung, das Recht auf juristischen Beistand haben. Der Zugang zu Informationen, zu den Ermittlungsakten wird vereinfacht. Der Standardsatz „Wir wissen nicht, was unserem Klienten eigentlich vorgeworfen wird, weil wir keinen Einblick in sein Dossier haben“, dürfte damit wohl der Vergangenheit angehören.

Die neuen Regeln sind zu 100% konform zur Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Sie gehen sogar teilweise über das von europäischen Richtlinien vorgeschriebene Mindestmaß an Rechten hinaus.

  • Was ändert sich konkret für die Opfer einer Straftat?

A.B.: Auch für die Opfer wird der Zugang zur Justiz, der Zugang zu Informationen und Dossiers verbessert. Auch sie erhalten ein Recht auf juristischen Beistand. Außerdem wird die Definition des Opferbegriffs weiter gefasst als bisher. Geschädigte Personen können in Zukunft auch dann als Opfer gelten, wenn sie selbst keine Schritte unternommen haben, um eine Straftat anzuzeigen oder zu melden. Unter gewissen Bedingungen ist es in Zukunft auch möglich, in Luxemburg Anzeige wegen einer Straftat zu erstatten, selbst wenn diese im Ausland stattgefunden hat.

Eine Innovation in unserer Strafprozessordnung stellt die „Justice réparatrice“ oder „restaurative“ dar. Hierbei geht es darum, dass der Täter den Schaden, den er dem Opfer zugefügt hat, ausdrücklich anerkennt und „repariert“, und im Gegenzug seine Reintegration in die Gesellschaft erleichtert wird. Es geht also um die Wiederherstellung des gesellschaftlichen Friedens. Diese Form des „Täter-Opfer-Ausgleichs“ kann jedoch nur auf freiwilliger Basis und im Konsens aller Beteiligten erfolgen. Hier bewegen wir uns auf bisher unbekanntem Terrain und die Praxis wird zeigen, wie erfolgreich dieses neue Verfahren sein wird.

  • Das neue Gesetz bringt auch Veränderungen beim Sprachgebrauch…

A.B.: Ja genau. Die Beteiligten in einem Strafverfahren haben in Zukunft das Recht, relevante Akten in eine für sie verständliche Sprache übersetzen zu lassen, und auch bei Verhören und gegebenenfalls im anschließenden Gerichtsprozess einen Dolmetscher zu bekommen. Das wird den Staat natürlich Geld kosten, aber es ist wichtig, um ein faires Verfahren zu gewährleisten. Ich gehe übrigens davon aus, dass auch Luxemburger in den Genuss dieser Regelung kommen können, wenn sie glaubhaft darlegen, dass sie z.B. Akten oder Gutachten in französischer Sprache nicht verstehen.

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