Mehr Urlaubstage für mehr Flexibilität

Lange wurde mit Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern über die überfällige Reform der PAN-Gesetzgesetzgebung verhandelt. Jetzt gibt es eine Neuregelung der Arbeitszeiten, die zum 1. Januar 2017 in Kraft treten soll. Was muss man sich konkret unter einer Referenzperiode von vier Monaten vorstellen? Was bringt sie Arbeitnehmern und Arbeitgebern?

Georges Engel: Prinzipiell kann ich verstehen, dass Arbeitgeber bei wachsender Konkurrenz und einem Arbeitsmarkt, der einem starken Anpassungsdruck unterliegt, mehr Flexibilität fordern. Wer jedoch einerseits mehr Flexibilität bekommt, muss andererseits auch bereit sein, den daraus entstandenen Gewinn mit jenen zu teilen, die den Mehrwert mit erwirtschaftet haben, und das sind nun eben die Arbeitnehmer. Wenn Arbeitgeber folglich eine längere Referenzperiode fordern, zwei, drei oder vier Monate, dann müssen sie den Arbeitnehmern, die ja mehr leisten bzw. länger verfügbar sein müssen, auch entgegenkommen, in diesem Fall mit zusätzlichen Urlaubstagen. Hier bekommt also jeder etwas.

Was bedeutet die Referenzperiode nun konkret?

Georges Engel: Im Prinzip gilt eine Referenzperiode von einem Monat. Für diese Zeitspanne wird ein Arbeitszeitplan festgelegt, die dem Arbeitnehmer als Orientierung dient. Nun gibt es aber Situationen, wo Arbeitgeber z.B. aufgrund der Auftragslage mehr Flexibilität von Arbeitnehmern fordern und die Referenzperiode auf zwei, drei oder vier Monate verlängert wird. Während dieser Zeit kann dann auch länger gearbeitet werden, ohne dass dafür gleich Überstunden anfallen. Als Gegenleistung dafür erhalten die Beschäftigten zusätzliche Urlaubstage.

Kollektivverträge von Neuregelung nicht betroffen

Welchen Einfluss haben die neuen Bestimmungen im Bereich der Arbeitszeitorganisation auf geltende Regelungen und Kollektivverträge?

Georges Engel: Geltende Kollektivverträge werden von der Neuregelung nicht beeinflusst, sie haben auch weiterhin Bestand. Im Bankensektor gibt es beispielsweise eine Referenzperiode von sechs Monaten, die wurde im Bankenkollektivvertrag zugrunde gelegt und gilt auch weiterhin. Auch bei den Banken gibt es aufgrund einer verlängerten Referenzperiode zusätzliche Urlaubstage für die Angestellten. Für Beschäftigte ohne Kollektivvertrag gilt künftig die Regelung: Mehr Flexibilität bedeutet mehr Urlaubstage. Die Reform des PAN-Gesetzes versteht sich auch als Ansporn, Kollektivverträge in Bereichen auszuhandeln, wo es bislang keine gibt.

Die Handschrift der LSAP

Die LSAP setzt sich seit jeher für die Verbesserung der Arbeitnehmerrechte ein. Sind sie mit der Gesetzesvorlage von Arbeitsminister Nicolas Schmit zufrieden?

Georges Engel: Ich denke, dass die neue Regelung sowohl ein Fortschritt im Sinne der Arbeitnehmer als auch im Interesse der Arbeitgeber ist. Die Reform ist stichhaltig und kommt allen Betroffenen zugute. Der Minister hat die richtige Entscheidung getroffen, auch wenn die Arbeitgeberseite –  fälschlicherweise – von mehr Flexibilität ohne zusätzlichen Urlaub ausgegangen ist. Die Neuregelung ist sozial und kommt den Arbeitnehmern zugute, genauso wie die günstigere Neuregelung beim familienbedingten Sonderurlaub, der sowohl heraufgesetzt als auch künftig flexibler gehandhabt wird. Diese Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf tragen eindeutig eine sozialistische Handschrift.

Während die Gewerkschaften mit der Regelung zufrieden scheinen, fühlen sich die Arbeitgeber bisweilen über den Tisch gezogen. Können Sie diese Haltung nachvollziehen?

Georges Engel: Nein, auch die Arbeitgeber gehören eindeutig zu den Gewinnern. Neben der zusätzlichen Flexibilität profitieren sie nicht zuletzt von zufriedenen Arbeitnehmern und einem guten Arbeitsklima. Menschen, die gerne arbeiten und eine angemessene Gegenleistung für ihre Anstrengung bekommen, tragen zu einem guten Betriebsklima bei. Zufriedene Arbeitnehmer sind bessere Arbeitskräfte. Man kann nicht immer bloß mehr fordern und keine Gegenleistung bieten.

Welchen Einfluss haben die neuen Bestimmungen im Bereich der Arbeitszeitorganisation auf das Ausbezahlen von Überstunden?

Georges Engel: Geleistete Überstunden müssen auch künftig ausbezahlt werden unter Berücksichtigung der vereinbarten Arbeitszeitorganisation. Arbeitspläne müssen aufgestellt werden und bekommen mehr Bedeutung. Für die Beschäftigten heißt das, dass sie wissen, wie und wann sie arbeiten. Wenn Arbeitspläne kurzfristig abgeändert werden und die Arbeitszeit verlängert wird, fallen Überstunden an, die wie bislang mit einem Aufschlag vergütet werden.

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Georges Engel ist LSAP Abgeordneter, Präsident des Beschäftigungsausschusses und Berichterstatter für die Reform des PAN-Gesetzes.

 

 

 

 

 

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