“Wahlnachlese” – Den Alex Bodry ass “Zu Gast” am “Land”

Wahlnachlese

 

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt!

Ja, weder die schlauen Demoskopen noch die umtriebigen Journalisten oder die erfahrenen Parteistrategen hatten dieses Wahlergebnis vorausgesagt.

Eine relativ neue Partei, die Piraten – in fast allen europäischen Ländern ein Auslaufmodell – ziehen ins Parlament ein. Sie schaffen es gleich mit zwei Mandaten und überflügeln auf Landesebene „déi Lénk“. Haben verschiedene Wähler so einen „soften“ Protest ausgedrückt? Die Piraten hatten mit gut fünf Prozent bei den Europawahlen bereits einen Achtungserfolg erzielt. Dies hatten viele vergessen!

Der Anteil der anderen Oppositionsparteien wurde aufgrund dieses Erfolgs geschmälert.

Die ADR erreicht die Fraktionsstärke nicht. Die Krücke „Wee 2050“ bricht ein.

Mit weniger als 29 Prozent fährt die CSV das absolut schlechteste Stimmergebnis ihrer Geschichte ein. Mit 21 Sitzen ist sie für diesen Abrutsch relativ gut bedient: das in Luxemburg angewandte Sitzverteilungssystem macht es möglich.

Im Vergleich zu den letzten nationalen Wahlen, der Europawahl 2014, verliert die CSV mehr als acht Prozent an Wählerstimmen. Das ist enorm und kann wirklich nicht als Auftrag zur Regierungsbildung interpretiert werden. Es zeichnet sich eine weitere Oppostionsperidode an für die traditionelle Regierungspartei CSV ab.

Entgegen der meisten Prognosen ist die anstehende Koalitionsmehrheit aus DP, LSAP und Grünen knapp bestätigt worden. Mit 31 von 60 Sitzen verfügt sie über die knappste aller Mehrheiten: eine weitere Mandatsperiode scheint bevorzustehen.

Doch noch sind die Verhandlungen nicht abgeschlossen. Diese werden komplizierter werden als vor fünf Jahren.

Die sehr unterschiedlichen Wahlergebnisse innerhalb des Bündnisses haben das Kräfteverhältnis zunächst numerisch verändert. Die Versuchung daraus auch politisches Kapital zu schlagen wird groß sein.

In der LSAP riskiert nach einem weiteren Stimmenrückgang und einem schwachen Ergebnis die Lust am Regieren nachzulassen und der Reiz einer Oppositionskur um sich programmatisch wie personell und strukturell neu aufzustellen, wächst. Ein Landeskongress der LSAP wird nur mit handfesten Programmpunkten mit sozialistischer Handschrift zu überzeugen sein. Der notwendige Erneuerungsprozess der Partei wird durch konkrete Entscheidungen in den nächsten Wochen und Monaten eingeleitet werden.

Ein einfaches „weiter so, das wird sich irgendwie richten“, ist keine Option. Dessen sind sich sämtliche Akteure bewusst und groß ist die Bereitschaft, diesen Weg der Erneuerung gemeinsam zu beschreiten. Altbekannte Gesichter progressiv durch neue zu ersetzen, allein, wird jedoch nicht genügen. Das wäre ein gefährlicher Trugschluss.

Der ständige Rückgang an Wählerstimmen hat weniger – und die Wahlergebnisse zeigen dies – mit dem Spitzenpersonal als mit programmatischen Defiziten und dem Fehlen klarer Prioritäten und fehlenden Aussagen in einigen Kernbereichen der Politik zu tun. Eine definitive Schadensbegrenzungsstrategie wird in eine offensive Expansionsstrategie umgewandelt werden müssen.

Entscheidend für die Fortsetzung der aktuellen Koalition wird sein, ob es gelingt zu Dritt ein gemeinsames, ambitiöses und zusammenhängendes Projekt für Luxemburg zu zeichnen, das mehr ist als das Aneinanderreihen von Einzelteilen aus drei Parteiprogrammen. Ein Anti-CSV Reflex als Kitt für diese Koalition wird nicht reichen: Es heißt vielmehr,  gemeinsam Chancen nutzen und Probleme lösen.

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