LSAP-Summerakademie 2016: Für ein soziales Europa

Über 70 Teilnehmer hatten sich am Samstag für die 10. Ausgabe der LSAP-Summerakademie in Remich angemeldet, um zusammen mit den Gastreferenten über die Zukunft einer krisengeschüttelten EU zu diskutieren. Neben den beiden LSAP-Abgeordneten Marc Angel und Georges Engel und den beiden sozialistischen Regierungsmitgliedern Romain Schneider und Nicolas Schmit zählte auch die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialrates Gabriele Bischoff zu den Experten und Impulsgebern einer gut besuchten Tagung.

DSC_0067LSAP-Präsident Claude Haagen wies eingangs auf die zahlreichen Probleme hin, mit denen Europa sich zurzeit auseinandersetzen muss: hohe Arbeitslosigkeit, zunehmende Ungleichheiten, hohe Staatsverschuldung in einzelnen EU-Mitgliedsstaaten, Flüchtlingskrise, Entsolidarisierung und Infragestellung gemeinsamer Werte.

Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen verbessern

Europa stecke seit vielen Jahren in einer existenziellen Krise, die die Stabilität der EU gefährde, konstatiert die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialrats. „Wir müssen die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen verbessern, fordert Gabriele Bischoff. Die EU-Politik müsse bessere Lösungen finden und Sozialpolitik als Produktiv- statt als Kostenfaktor ansehen. Der Vorschlag einer sozialen Säule habe nur dann eine Chance, wenn soziale Gerechtigkeit zum Kernthema werde und es mehr Sicherheit für Arbeitnehmer gebe. Vier Themen sind Bischoff zufolge dabei prioritär: eine angemessene soziale Absicherung, verbesserte Bedingungen, um Übergänge in einer vom Wandel erfassten Arbeitswelt bewältigen zu können, gute Arbeitsbedingungen und Löhne sowie ein starkes System der Tarifpartnerschaft. Bischoff zufolge geht es darum, ein positives Projekt für Arbeitnehmer zu schaffen, das nicht nur Mindestlöhne, sondern auch soziale Mindeststandards und deren Umsetzung auf europäischer Ebene vorsehe.

„Wahlen sind wichtig“

Marc Angel, Präsident des Parlamentsausschusses für Außen- und Europapolitik ging seinerseits auf die Verantwortung und den Handlungsspielraum der nationalen Parlamente in Bezug auf die europäische Politik ein. Unter Luxemburger EU-Präsidentschaft sei das soziale „Triple A“ in den Vordergrund gerückt worden, so Angel, der darauf verwies, dass der notwendige politische Wille und die nötigen Mehrheiten vorhanden sein müssen, um sozialen Fortschritt bewirken zu können. Wahlen seien wichtig; Wähler spielten eine wichtige Rolle bei der Mehrheitsbildung.

Europa an die Bürger heranführen

LSAP-Vizepräsident Georges Engel blickte anschließend auf die fortschrittliche Sozial- und Beschäftigungspolitik der Luxemburger Regierung zurück. Neben der Stärkung des Sozialdialogs und Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Leistungsverbesserungen beim Eltern- und Sozialurlaub, mehr Flexibilität bei der Arbeitszeitorganisation) wurden mit der Einrichtung einer Jugendgarantie und der ADEM-Reform ebenfalls wichtige Akzente bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gesetzt. Auch auf EU-Ebene müssten soziale Maßnahmen wieder in den Mittelpunkt gerückt werden. „Wir müssen Europa wieder an die Bürger heranführen“, so Engel, der in der Digitalisierung der Arbeitswelt eine große Herausforderung sieht.

„Das Soziale muss zur Priorität werden“

Auch Sozialminister Romain Schneider weist auf die politische Notwendigkeit hin, mit dem gesellschaftlichen Wandel Schritt zu halten. „Wir müssen die sozialen Errungenschaften an die gesellschaftliche Entwicklung anpassen und konkrete Vorschläge für sozialen Fortschritt einbringen.“ Schneider zufolge geht es dabei nicht zuletzt um mehr Gerechtigkeit und die Verteidigung des Solidaritätsgedankens. Das Soziale muss wieder zur Priorität werden, so die Schlussfolgerung des Ministers für soziale Sicherheit.

„Wir brauchen einen globalen Politikansatz“

Arbeits- und Beschäftigungsminister Nicolas Schmit sieht die Europäische Union in akuter Gefahr und warnt davor, alle Probleme auf Europa abzuwälzen. Gleichzeitig räumt Schmit eine Mitschuld der Sozialdemokratie am Vertrauensverlust gegenüber Europa und den Eliten ein. In den USA sei die Lage ähnlich. Ungleichheit sei eine Realität geworden. Die Globalisierung habe Gewinner und Verlierer hervorgebracht und zu einer Umverteilung zugunsten der Wohlhabendsten geführt. Der Sozialstaat könne da nicht Schritt halten. Wenn sich die Mittelschichten als Verlierer fühlten, sei die Demokratie in Gefahr, warnt Schmit und fordert, die soziale Konvergenz nach oben zu schrauben. „Wir müssen soziale Standards in andere Politikbereiche integrieren. Wir brauchen einen globalen Politikansatz, wo die einzelnen Säulen ineinandergreifen und interagieren.“

Mehr Geschlossenheit und Bürgernähe

Im Anschluss an die Diskussion präsentierte JSL-Generalsekretär Fabio Spirinelli die Position der Jungsozialisten zur EU-Politik. „Angesichts der zahlreichen Probleme brauchen wir eine stärkere Union für die Bürger“, so Spirinelli, der die neoliberale Agenda der EU ablehnt, eine kleinere EU-Kommission fordert und eine gemeinsame Politik zur Bewältigung der Flüchtlingskrise einklagt. Auch in Sachen Haushalts- und Steuerpolitik brauche die EU eine einheitliche Linie. Darüber hinaus plädieren die Jungsozialisten für mehr regionale Zusammenarbeit und Bürgernähe. Die EU müsse für die Menschen verständlicher werden. Eine große Herausforderung und eine der Hauptsorgen der Jungsozialisten bleibt die Jugendarbeitslosigkeit. Wenn die Jugend die Hoffnung in Europa verliere, habe Europa verloren, konstatiert Fabio Spirinelli.

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