Kontrastreiches Zentrum

Der Wahlbezirk Zentrum reicht von Colmar-Berg vor den Toren der „Nordstad“ bis nach Weiler-la-Tour im Süden, einen Steinwurf von der französischen Grenze entfernt. Der Hauptstadt und ihren Randgemeinden stehen ländlich geprägte Gebiete mit dörflichen Strukturen gegenüber. Was bedeutet das für die Politik im Zentrum? Dazu ein Gespräch mit Cécile Hemmen, Bezirkspräsidentin der LSAP.

Frau Hemmen, der Zentrumsbezirk unterscheidet sich von den anderen Wahlbezirken insofern, als er zwei sehr unterschiedliche Landesteile umfasst, einerseits den Ballungsraum Luxemburg-Stadt, andererseits kleine Kommunen im ländlichen Raum. Wie bringt man diese Unterschiede politisch auf einen gemeinsamen Nenner?

Das stimmt, die Herausforderungen stellen sich in und um die Hauptstadt herum natürlich anders dar als z.B. im Merscher Kanton, in dem mit dem gut 1.200 Einwohner zählenden Fischbach die kleinste Gemeinde des Bezirks liegt. Die Hauptstadt zählt zusammen mit ihrem Speckgürtel über 150.000 Einwohner, also rund ein Viertel der Landesbevölkerung. Hier haben auch fast 200.000 Menschen ihren Arbeitsplatz, das ist nahezu jeder zweite im Land. Man muss also differenziert an die Dinge herangehen.

Was schlägt die LSAP vor, um dieses Stadt-Land-Gefälle zu verringern?

Wir wollen einen Kurswechsel in der Landesplanung. Es kann auf Dauer nicht gutgehen, wenn die Hälfte aller Arbeitsplätze in der Stadt konzentriert sind, und die täglichen Staus immer länger werden. Wir wollen Wohnen, Arbeiten, Schule und Freizeit wieder näher zusammen bringen und dezentrale Entwicklungspole fördern. Wir wollen damit auch verhindern, dass die Kommunen in der Peripherie der Hauptstadt zu reinen Schlafgemeinden werden. Um lebendig und attraktiv zu sein, müssen auch hier Arbeitsplätze entstehen, müssen Einkaufsmöglichkeiten und Arztpraxen, Kinderbetreuung und Senioreneinrichtungen, Kultur- und Sportinfrastrukturen vorhanden sein. Auch ein lebendiges Vereinsleben und politische Beteiligungsmöglichkeiten fördern den Zusammenhalt und die Integration. Das alles ist auch ein Stück Lebensqualität!

Bezahlbares Wohnen und Mobilität spielen auch im Zentrumsbezirk eine wichtige Rolle im Wahlkampf?

Ja. Bauland und Wohnraum sind nirgendwo im Land teurer als im Zentrum. Deshalb fordern wir als LSAP in der kommenden Legislaturperiode eine regelrechte Wohnungsbauoffensive. Wir müssen die Grundstücksspekulation bekämpfen und mehr Wohnraum schaffen, wenn wir die Preise in den Griff kriegen wollen, besonders in der Hauptstadt. In unserem Wahlprogramm machen wir eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen, wie man Bauland mobilisieren, bezahlbare Eigentumswohnungen und soziale Mietwohnungen schaffen und die staatlichen Beihilfen besonders für junge Familien noch verbessern kann.

Im Bereich der Mobilität tut sich vieles: Ausbau der Bahnstrecken, Bau der Tram, neue Buslinien, Radwege, etc. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die Pendler nicht erst am Rand der Hauptstadt auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen, sondern schon vorher. Deshalb ist es wichtig, die Auffangparkplätze (P&R) an den Grenzen und an den Bahnhöfen im In- und Ausland auszubauen. Nur so werden wir es schaffen, den Durchgangsverkehr in vielen Ortschaften zu reduzieren oder zumindest nicht weiter anwachsen zu lassen. Auch Telearbeit und die Schaffung sogenannter Pendlerhäuser können einen nützlichen Beitrag dazu leisten.

Der Flughafen Findel ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, die Passagierzahlen haben sich verdoppelt, die Zahl der Nachtflüge hat ebenfalls rasant zugenommen. Was sagt die LSAP dazu?

Der Flughafen ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und schafft Arbeitsplätze. Der zunehmende Fluglärm stellt aber für große Teile der Bevölkerung im Umkreis des Flughafens eine starke Belastung dar. Trotz vieler anderslautender Versprechungen hat vor allem die Zahl der Nachtflüge in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Wir erwarten vom nächsten Nachhaltigkeitsminister, dass er/sie das Nachflugverbot wieder wirksam durchsetzt und die Findel-Anrainer wieder zu ihrer Nachtruhe zurückfinden.

Vielen Dank, Frau Hemmen, für dieses Gespräch.

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