“Der soziale Frieden: Mehr als ‘schmückendes Beiwerk'” – Franz Fayot “Zu Gast” im “Land”.

Der Begriff “sozialer Frieden” wird oft und gerne im politischen Diskurs verwendet. Im Neudeutschen würde man mittlerweile sogar von einer „inflationären Nutzung“ sprechen. Diese Häufigkeit, gepaart mit dem im internationalen Vergleich sehr hohen Wohlstand in Luxemburg, führt zwangsläufig dazu, dass sich kaum jemand mehr, oder wenn dann nur oberflächlich, dem Wert von sozialem Frieden bewusst ist.

Dabei bedeutet „sozialer Frieden“ nicht weniger, als dass aufgrund der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation insgesamt, also aufgrund eines auf möglichst vielen Ebenen gut funktionierenden Staates, Spannungen innerhalb der Gesellschaft oder Teilen dieser Gesellschaft ausbleiben.

Von diesem sozialen Frieden, der Ziel eines jeden Sozialstaates ist (oder zumindest sein sollte) und der hierzulande trotz möglicher Verbesserungen recht ansehnlich funktioniert, profitieren alltäglich und auf die eine oder andere Weise nahezu alle Teile der Bevölkerung. Der soziale Frieden stellt parallel hierzu aber auch und vor allem einen wichtigen, ganz konkreten Wirtschaftsfaktor dar. Auch wenn die hiesigen Arbeitgebervertreter die Bedeutsamkeit des sozialen Friedens in Bezug auf die nationale Wirtschaftsleistung – zumindest in der offiziellen Kommunikation und trotz aller Negativbeispiele aus dem Ausland – als eher gering ansehen und viel lieber über Mindestlohn, Index, „exorbitante“ Löhne und mangelnde Produktivität klagen, so scheint das Ausbleiben von Streiks oder politischen und sozialen Unruhen für ausländische Investoren nicht gänzlich irrelevant zu sein.

Bester Beweis hierfür  –  wenn es denn noch eines solchen Beweises bedarf –, sind die in den vergangenen Wochen angekündigten Investitionen von Industrieunternehmen: Neben Dupont de Nemours, die mit einem Invest von 350 Millionen Euro in eine neue Produktionslinie 130 Arbeitsplätze schaffen, baut auch die in Echternach ansässige Firma Euro-Composites ihre Anlagen zur Herstellung von Waben, die im Flugzeug-, Eisenbahn- und Schiffsbau zur Anwendung kommen, aus. Die Investitionen belaufen sich in diesem Fall auf rund 61 Millionen, Arbeit entsteht für zusätzlich 230 Personen. Und da aller guten Dinge bekanntlich drei sind, konnte Wirtschaftsminister Etienne Schneider vorvergangene Woche eine weitere positive Nachricht für den Industriestandort Luxemburg (damit die dritte innerhalb nur eines Monats) vermelden. Im Industriegebiet Wolser zwischen Düdelingen und Bettemburg wird der griechische Joghurthersteller Fage in einer ersten Phase 100 Millionen in den Bau einer Molkerei investieren. In Bälde sollen hier 100 Personen beschäftigt werden, 100 weitere Arbeitsstellen sollen im Zuge einer zukünftigen Investition von ebenfalls 100 Millionen folgen.

Diese investierten Summen, vor allem aber auch die Tatsache, dass sich Industrieunternehmen aus unterschiedlichsten Sparten im Großherzogtum niederlassen bzw. hier ihre Aktivitäten ausbauen, zeigt eindeutig – der patronalen Schwarzmalerei bzw. der undifferenzierten Kritik der Arbeitgeber an der Regierungspolitik zum Trotz – dass Luxemburg (nach wie vor) eine gewisse Anziehungskraft auf Industrieunternehmen ausübt. Sicherlich ist es ein Gesamtpaket, das ein Unternehmen dazu bewegt, sich in Luxemburg niederzulassen, der soziale Frieden innerhalb und außerhalb der Unternehmen, so die einhelligen Aussagen der jeweiligen Firmen, ist jedoch weitaus mehr als nur schmückendes Beiwerk.

Die klassische Industrie stellt demnach, neben zum Beispiel der Logistik, den ICT oder den Biotechnologien ein weiteres Element zur erfolgreichen Diversifizierung der Luxemburger Wirtschaft dar.

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