Alex Bodry: “Bezahlbarer Wohnraum: allererste Priorität, parteiübergreifend!”

Das Unterfangen, in Luxemburg noch für den Normalbürger bezahlbaren Wohnraum ausfindig zu machen, wird allmählich zum Kernproblem, ja zum Drama vieler Mitmenschen und Familien.

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt, die sich zunehmend zu einer regelrechten Wohnungsnot entwickelt, ist nicht neu, hält aber mit unverminderter Stärke an: die Preise für Grundstücke, Alt- und Neubauten steigen immer weiter, ebenso wie die Mieten.

Eine Verbesserung der Lage ist trotz ehrlicher Bemühungen nicht in Sicht, auch nicht mittelfristig.

Bei einer jährlichen Bevölkerungszunahme in Luxemburg von rund 2%, d.h. ein Plus von 12.000-13.000 Einwohnern im Jahr, ist mit einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt nicht zu rechnen.

Im Gegenteil, die Zahl der Neubauwohnungen reicht nicht einmal aus um den jährlichen Neubedarf von rund 5.000 Wohneinheiten zu decken, geschweige denn den bestehenden Nachholbedarf zu reduzieren.

Die Lage riskiert sich kurzfristig sogar noch zu verschärfen, denn Maßnahmen mit sofortiger Wirkung sind Mangelware.

Besonders junge Menschen und Familien stehen meist vor einer kaum lösbaren Aufgabe, wenn es darum geht, eine passende Wohnung zu einem für sie erschwinglichen Preis zu finden. Diese schwierige Situation besteht sowohl bei Mietwohnungen als auch beim Wohnungskauf.

Die Regierungskoalition hat eine Reihe von interessanten Initiativen ergriffen um der Lage Herr zu werden.

Zusätzliche Finanzmittel für den sozialen Wohnungsbau, Reorganisation des staatlichen Wohnungsbaufonds, Einführung eines Mietzuschusses, Hilfestellung bei energetischer Sanierung von Wohnungen, Gemeindefinanzreform, höhere  staatliche Bezuschussung von Sozialwohnungen, steuerliche Anreize um Wohnungen sozial zu vermieten oder bei der Besteuerung des Mehrwerts beim Grundstück- oder Wohnungsverkauf.

Vor kurzer Zeit hat die Regierung eine Gesetzesvorlage zur Einführung von Baulandverträgen verabschiedet.

Sektorieller Leitplan

 

Schließlich soll der sektorielle Leitplan „Wohnen“ demnächst in das gesetzliche Verfahren eingebracht werden: über dieses landesplanerische Vorhaben kann – wenn sämtliche juristische und politische Hürden genommen sind – die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum tatsächlich in großem Maße gefördert werden. Dies gilt zumal das Landesplanungsgesetz von 2013 ausdrücklich auch die Enteignung (selbstverständlich gegen eine faire Entschädigung) als Umsetzungsmittel dieser raumordnerischen Ziele im übergeordneten Allgemeininteresse vorsieht.

Ein größeres Angebot an Wohnungen kann zur Preisstabilisierung beitragen.

Auch das bestehende Gesetz über den Wohnungspakt sieht bei der Schaffung von Baulandreserven für Sozialwohnungen ausdrücklich die Möglichkeit von Enteignungen vor. Sie bleibt bis heute ungenutzt. Hier stehen die Gemeinden auch in der Verantwortung.

Natürlich sollte dieses radikale Mittel bloß eingesetzt werden, wenn vorher keine gütliche Einigung erzielt werden konnte. Es bleibt ein wichtiges politisches Instrument, auch wenn dies verschiedene Politiker ins Schwitzen bringt.

Eigentum ist kein absolutes Recht

 

Eigentum ist kein absolutes Recht. Eigentum verpflichtet! Allgemeines Interesse überwiegt gegenüber reinen Partikularinteressen.

Bisher hat insgesamt die politische Courage gefehlt, die Wohnungsnot mit der allerletzten Bestimmtheit und Konsequenz anzugehen. Dass es dabei zu Interessenkonflikten und Abwehrreaktionen kommt, ist wohl unvermeidlich.

Diese Feststellung gilt nicht als Schuldzuweisung: irgendwie sind wir alle an dieser Entwicklung mit Schuld.

Keine Partei hat ein wirkliches Patentrezept: nicht nur national, sondern auch lokal gab es Versäumnisse, seit langen Jahren.

Deshalb sollte man schleunigst von den peinlichen Parteispielchen Abstand nehmen. Angesichts der Komplexität des Themas wäre etwas mehr Bescheidenheit von allen Seiten sicherlich angebracht.

Ich wiederhole meinen im Parlament gemachten Appell, parteiübergreifend, unpolemisch aber zielbewusst ganzheitliche Lösungsvorschläge auszuarbeiten und auch gemeinsam durchzusetzen.

Gegenseitige Attacken schaffen keine einzige neue Wohnung, sie führen nur zu unverantwortlichen Zeitverlusten und ewigen Blockaden.

Wenn es nicht um kleinkarierte Parteipolitik geht, dann lasst uns gemeinsam mit den Sozialpartnern, den Gemeinden und selbstverständlich auch mit den Bauunternehmern und allen direkt Betroffenen diskutieren und einen präzisen Fahrplan ausarbeiten.Der neue „Wohnpakt“ bietet hierzu eine einmalige Gelegenheit. Er muss zu einem dynamischen kooperativen Entwicklungsinstrument werden.

Es geht darum, den Bau von Wohnungen zu fördern, für jede Bedürfnisse.

Die Vielfalt des Angebotes ist wichtig , ebenso die bessere Aufteilung des Wohnraumes.

Wie und wo gebaut wird, das ergibt sich aus den Vorgaben der Landesplanung.

In allem Fällen muss die Wohnungsfrage vernetzt raumplanerisch gelöst werden, die Mobilitätszwänge dürfen nicht vernachlässigt werden.

Bei Sozialwohnungen müssen nicht nur der Staat, ja auch die Gemeinden klar Verantwortung übernehmen.

Zögern ist hier falsch am Platz. Wie es auch unabdingbar ist, auch die Privatinitiative zu fördern.

Ohne „Public-Private-Partnership“ sehe ich keinen schnellen Lösungsansatz, auch was den Sozialwohnungsbau anbelangt.

Anreize sind gut, Sanktionen dürfen aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden, sonst geht die Baulandspekulation ungehemmt weiter.

Profitmargen begrenzen, Obergrenzen bei Mieten, Ausdehnung des Vorkaufsrechts von öffentlichen Trägern sind weitere Themen, die eine Debatte wert sind.

Immer weniger Bürger können von den staatlichen Zuschüssen beim Bau oder Kauf einer Wohnung profitieren.Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sollten neu definiert werden.

Das gilt ebenso für unser Mietrecht, das seine ursprüngliche Zielsetzung der Mietbremse nunmehr de facto verloren hat, da sich die Obergrenze der Mieten vornehmlich am Marktwert der Wohnung orientiert, also seit knapp 20 Jahren stetig steigt. Etwa doppelt so schnell wie Löhne und Renten.

Bei den Mietern stellt sich auch die Frage der Kaution. Will man eine Wohnung mieten, muss man (für Kaution und Agenturhonorar) oft gleich vier Monatsmieten auf den Tisch legen. Dies ist für viele Mitbürger eine schier unüberwindbare Hürde.

Überhöhte Mieten sind besonders auch für (kaum) möblierte Wohnungen fast die Regel.

Es fehlt überdies an Zimmerwohnungen, Wohngemeinschaften usw. Das Teilen von bestehendem Wohnraum muss stärker thematisiert werden.Die Berechnung und Aufteilung der Agenturkosten bei der Wohnungsvermittlung ist ebenfalls eine Diskussion wert.

Die Liste der Fragen und Ideen lässt sich beliebig fortsetzen.

Lasst uns gemeinsam an starken Lösungen arbeiten.

Mit besseren Statistiken allein kommen wir keinen Schritt voran.

Es besteht zusätzlicher Handlungsspielraum. Wir sollten ihn intelligent nutzen: schneller, weiter und parteiübergreifend.

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